Ich
möchte dein Spiegel sein!
Von deiner schmalen Hand umfaßt,
von deinem blauen Augʼ getroffen, von deinem Lächeln — deinem stolzen,
siegtrunkenen Lächeln — umschmeichelt, bin ich dein Diener und dein Herr
zugleich.
Du bist schön!
Dein Lächeln ist wie ein gülden
Kronreif aus Freyas Schmuck, der herbe Ernst deiner Lippen aber ist gleich dem
dunklen Amethyst im Nibelungenschatz.
Du bist schön!
Dein Gang und deine Haltung sagen
mir, daß du es weißt. Dein Spiegel verriet es dir, als du deine Augen forschend
über dich gleiten ließest, heutʼ, als du vor ihm standest im weißen Festtagskleide und deine Waffen prüftest . . . und dann
hingingst, den schwarzlockigen Fremden zu empfangen. Ich möchte dein Spiegel
sein, um dir sagen zu können, wie schön du warst, und um dir danken zu können
für den Blick, den ich erhaschte, als der Fremdling dich begrüßte. Widerwillen
zuckte um deine Lippen, Haß lag in deinen Nordstrandaugen.
Gestern sah ich dich im offenen
Blondgelock. Du standest vor deinem ebenholzumrahmten Spiegel, der dein Bild so
hart umrandet, und ließest das Gold deiner Haarwellen durch die weißen Finger
gleiten. Und die Hände nahmen die Fülle und banden sie auf dem Kopf zu einer
güldenen Krone. Ich aber stand in der Tür deines Gemaches und schaute dir zu,
die Hände in den Falten des Vorhanges verkrampft.
Feiertagsstunde hielten meine
Augen. Glück und siebenfache Seligkeit tranken sie, als sie die Linien deiner
hocherhobenen Arme verfolgten, den Nacken sahen und die runden Schultern, die
aus weißem Spitzengeriesel hervorwuchsen, wie ein rosafarbener Traum.
Spiegel, erglühtest du nicht, als
die Wundersame sich dir zuneigte und der feine Hals mit seinem Spiel der blauen
Adern, die zartgewölbte Brust, die alle Wunder des Asgartreiches enthüllte,
voll deine Fläche traf? — Ich erglühte tief, und meine Augen, die trunkenen,
schlossen sich sekundenlang.
Da erhaschte dein Blick mich im
Spiegel. Kein Erschrecken,
kein Zorn belebte deine Mienen. Die hocherhobenen Arme bebten nicht, nur die
Finger eilten, die eben vollendete Haarkrone wieder zu lösen. Das goldene Gespinnst
fiel schwer auf die Schultern nieder und verbarg deine Schönheiten meinen
selig-unseligen Augen. Deine Lippen, sprachen ein hartes »geh!«, deine Augen
aber, die sonnigen, lächelten mir zu in wundersüßer Verheißung.
Ich ging. Ein gekrönter Narr,
Sonne in den Augen, ein Spiel von Wünschen im Herzen.
O, könnte ich dein Spiegel sein,
blonde Gudrun du!