Er fuhr nach China. Indien war für ihn nichts, war schon zu abgeklappert. Zunächst kaufte er altchinesische Nachttöpfe und machte die epochemachende Ausstellung im Museum zu Lissabon.
Die Zeitungen schrien vor Delikatesse.
»Ein altes Volk, dessen Kultur die letzten unaussprechlichen Dinge bezaubert.« Ein anderes: »Bisher hiess es in Schönheit sterben. Eine untergehende Rasse, an der wir Geschäfte schamlos machen, lehrt uns in Schönheit . . . . . . . . . .«
»Die rohe Unkultur englischer Waterclosets,« schrieb ein anderes, »nein, die Hand des Künstlers, der die kleinsten Dinge ziert, ist uns verdorrt; der Hygienewahnsinn verhässlichte uns sogar das Nötige und drang in das geheimste, das Badezimmer.«
Ein anderes frug: »Vermag nicht die Schönheit des Apparates die Gesundheit mehr zu fördern?« »Selbst das Badezimmer ist demokratisiert,« entrüstete sich das royalistische Blatt, »aber solche Offenbarungen lassen uns stärker an den Sieg der königlichen Sache glauben. Wir sahen jetzt, auch diese Dinge können sich blaublütig vollziehen.«
Damit die Reaktionen nicht in vollem Fahrwasser schwämmen, kaufte der Staat die Sammlung zu einem unverschämten Preise an. Die Regierung machte dafür eine Anleihe und veröffentlichte ein Communique.
Bürger! Die Weisheit der Republik offenbarte sich wie in den ruhmreichen Tagen der Bastille. Wir sind keine Fanatiker, sondern gerecht und von der objektiven Einsicht des Republikaners durchdrungen. Wir nahmen unter blutigen Opfern das Banner verfaulter Misswirtschaft, wir nahmen unter Opfern, würdig der Nachkommen eines Marat, die Nachttöpfe. Wir stellen statistisch geprüft fest, dass heute im Durchschnitt der Bürger bessere Toiletten zur Verfügung hat als früher. Das Schöne ist heute dem wissensdurstigen Bürger zugänglich, und bedeutet dies nicht 100 000 mal mehr als die praktische Usurpierung der Nachttöpfe durch wenige Unterdrücker? Denn, Bürger, da gab es Fürsten, die über hundert solcher Geräte verfügten. Und welche Zahl unterdrückter Menschen nahmen sie in Anspruch? Die Republik wird auch weiterhin unter Opfern unentwegt die Nation verteidigen und schützen. Jedenfalls: eine Auslieferung der Nachttöpfe an das spanische Reich wird nimmermehr stattfinden; wir werden unser Erbgut bis zum letzten Blutstropfen verteidigen.«
Das zog. Die Republik war gerettet und man legte dem Chinamann nahe, Portugal zu verlassen, neue Umstürze befürchtend. Jedoch nicht, ohne dem kühnen Entdecker einer ungeahnten Kultur, dem Enkel eines Montesquieu, das Grosskreuz anzuheften.
Ein neuer künstlerischer Einfluss kam hoch; Japan fiel im Preis, die Goncourts wurden jetzt vom kleinsten Kommis verachtet; neue Richtungen brachen in allen Künsten ungeahnt schnell hervor.
Aus:
Der Querschnitt
Herausgeber: Alfred Flechtheim und Wilhelm Graf Kiellmansegg
Frühjahrsheft 1922
Verlag der Galerie Flechtheim, Düsseldorf